Thomas Kleine Welt

 

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Fröhlich, nicht freundlich

Jetzt ist es passiert. Nach einer langen Karriere als Nicht-Drogen-Konsument hat es mich also doch erwischt. Im Geiste gehe ich die vielen Erlebnisse durch, bei denen ich der Versuchung standgehalten habe. Da waren die Haschisch-Runden in der Kälte des Hebelparks, von denen ich mich durch meine starre Haltung ausgeschlossen sah. Wie oft musste ich in Diskussionen zurückstecken, weil ich bei Themen wie Politik oder Mathematik wegen fehlender Bewusstseinserweiterung nicht die nötige Fachkenntnis hatte. Auch das Glücksempfinden, das einen nach dem Konsum von Engelsstaub durchläuft und zu Höchstleistungen auf dem Gebiet der Autochirurgie befähigt, kenne ich nur vom Hörensagen. Und dann waren da die Techno-Wochenenden im WERK I, die ich wegen fehlender Ekstase regelmässig durch einige Stunden Schlaf unterbrechen musste.
Was WAREN das für ZEITEN!

Es muss so am 22. Dezember gewesen sein, als ich schlecht gelaunt im PODIUM sass, und mich Joern mit einem andauernden, sinnlosen und völlig unbgründeten Grinsen auf die Palme brachte. Ich bin es nicht gewohnt, dass meine Mitmenschen meine schlechte Laune ignorieren, und überlegte mir die passenden Argumente, mit denen ich Joern dies klarmachen könnte. Der entschuldigte sich in aller Form und erklärte mir, dass er seine gute Laune nicht abstellen könne.
- Das ist wegen dem Johanniskraut.
Obwohl ich an so einen Quatsch nicht glaube, hörte ich mir geduldig an, dass Joern seit einigen Wochen KNEIPP JOHANNISKRAUT 300 eingenommen, und dies bei ihm zu unaufhaltsamer innerer und äusserer Fröhlichkeit geführt habe.
- Da darfst du nicht mehr als NEUN Stück pro Tag nehmen,
erklärte Joern geheimnisvoll, und Roland ergänzte diese Information durch die Aussage, dass die Einnahme von Johanniskraut erst nach drei Monaten zu Ergebnissen führe. Am nächsten Tag musste ich ohnehin zur DM-Drogerie und so schaute ich mich im Regal mit den Naturprodukten nach dem Johanniskraut um. Tatsächlich spürte ich beim Anblick der entsprechenden KNEIPP-Schachtel eine leichte Belustigung, und so griff ich zu. Nachdem ich, daheim angekommen, die ersten zwei Dragees eingenommen hatte, musste ich doch herzhaft lachen, und mir fiel auf, dass gerade dies der von Joern beschriebenen Wirkung entsprach. Inzwischen bin ich abhängig, ein Leben ohne Johanniskraut kann ich mir nicht mehr vorstellen. Ich nehme zwei- bis dreimal täglich zwei von diesen Gute-Laune-Pillen, vor besonderen Stresssituationen, wie Familienfesten gönne ich mir eine Zusatzdosis. Auch für unterwegs habe ich immer einige Dragees dabei.

Gestern traf ich im 59ERS Sonja, die mich herzlich begrüsste.
- Ich muss dir etwas zeigen. Schau mal, was ich bei ALDI gefunden habe.
Dann holte sie aus ihrer Handtasche eine Pappschachtel mit der Aufschrift ST. BENEDIKT JOHANNISKRAUT. Ich finde es schön, dass man immer die Wahl hat, etwas auch falsch richtig oder richtig falsch zu machen.