Thomas Kleine Welt

 

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Der Sturm vor der Ruhe

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt B., hiermit sende ich Ihnen meine Stellungnahme zur Wohnsituation in der Raiffeisenstrasse 36:

Ich wohne in der Raiffeisenstrasse 36 in der Mittelwohnung im zweiten Stock, Herr K. wohnt in der Parterrewohnung links, mit Terrasse zum Garten hinter dem Haus. Ich bin am 9.2.19xx geboren und wohne seit 1988 in dieser Wohnung.

Seit etwa einem Jahr leide ich unter dem Lärm aus Herrn K.s Wohnung. Zuerst handelte es sich um vereinzelte Lärmattacken durch extrem laute Musik und Gebrülle, die auf lebhaftem Lebenswandel in Verbindung mit Schwerhörigkeit schliessen liessen. Ich selbst habe auch schon mit Freunden in meiner Wohnung gefeiert (abends und nachts) und war für die Toleranz und Geduld meiner Nachbarn dankbar. Ein gutmütiges Ignorieren war für mich deshalb selbstverständlich.

Seit etwa 3 Monaten hat dieser Lärm zugenommen und sich stark in den Abend und die Nacht hinein ausgeweitet. Der Lärm wird auch nicht mehr allein durch Herrn K. verursacht, eine Partnerin ist wohl eingezogen, eine grosse Anzahl Freunde oder Bekannte kommt regelmässig zu Besuch.

Auch dies habe ich zunächst hingenommen, obwohl ich sowohl tagsüber, als auch nachts von den Musikattacken und dem Gebrüll in unregelmässigen Abständen aufgeschreckt bin. Die Musikattacken finden in Disco-Lautstärke statt und dauern häufig 2-3 Minuten. Dabei werden in der Regel alle Stücke einer CD angespielt, anschliessend wird die Musik auf Gaststätten-Lautstärke zurückgedreht. Das Gebrüll ist eindeutig Betrunkenen-Gegröle, splitterndes Glas ist keine Seltenheit. Das Ganze findet in der Wohnung oder auf der Veranda von Herrn K.s Wohnung statt. Die Tür zur Veranda scheint nicht mehr zu existieren, wenn dann ist sie jedenfalls immer geöffnet.

Vor fünf Wochen (25. Mai gegen 23 Uhr) habe ich erstmals bei Herrn K. geklingelt, und ihn darauf hingewiesen, dass der Lärm, vor allem die Musikattacken aus seiner Wohnung, bei mir eine nicht zumutbare Belästigung verursacht. Herr K. war sehr überrascht und verständnisvoll, er erklärte das Ganze mit Gedankenlosigkeit und Nicht-Wissen. Ich teilte Herrn K. dabei mit, dass ich ihn bei zukünftigen Lärmbelästigungen durch Ab- und Anschalten des Stroms auf unzumutbaren Lärm hinweisen würde, da der Sicherungskasten (eine Treppe über meiner Wohnung) für mich leichter zu erreichen sei als seine Wohnung.

In den folgenden 2 Wochen musste ich dies etwa zehn Mal durchführen, in dieser Zeit erfuhr ich auch von meinen Nachbarn, den Herren S. und R., dass sie bei Lärmattacken ebenfalls den Strom in Herrn K.s Wohnung abstellen. Am 7. Juni habe ich bis gegen 2 Uhr den Strom drei Mal abgestellt, beim letzten Mal habe ich darauf verzichtet, ihn wieder anzustellen. Am 8. Juni habe ich mich erstmals bei der Baugenossenschaft über den Lärm beschwert, mir wurde mitgeteilt, dass die Lärmbelästigungen von Herrn K. schon länger bekannt und gerichtliche Schritte eingeleitet seien.

Am 11. Juni (Montag, der Lärm war wieder voll im Gange) klingelte ich gegen 22 Uhr bei Herrn K., ein Mann öffnete, der sich als sein Patenkind vorstellte. Ich teilte dem Mann mit, dass ich bei weiterem Lärm die Polizei einschalten und in der Wohnung von Herrn K. nach Drogen suchen lassen würde. In der restlichen Woche war es im Haus relativ still.

Ab dem 18. Juni ging es dann wieder los, abwechselnd mit den Herren S. und R. musste ich wieder häufiger den Strom abstellen. Eine Abordnung aus Herrn K.s Wohnung zog ebenfalls regelmässig und lautstark durch das Haus um den Strom wieder anzustellen. Vielleicht wäre ein Schichtplan sinnvoll.

Inzwischen reagierte Herr K. auf das Strom-Abstellen durch Gebrülle im Garten ("Ihr versteht nichts von Musik, ich brech' dir das Genick!"). Ich klingelte bei Herr K. und fragte ihn nach der Ernsthaftigkeit seiner Drohungen. Er teilte mir mit, dass er nicht gewusst habe, dass ich den Strom abgestellt habe und er deshalb nicht mich gemeint habe. Ich empfahl Herrn K. zur Abwendung von weiterem Unheil eindringlich die Abschaffung seiner Stereo-Anlage.

Am 27. Juni eskalierte das Ganze dahingehend, dass wohl Herr S. oder Herr R., mir zuvorkommend, gegen 1 Uhr den Strom abstellten. Gebrülle und Geschrei, gegen 1 Uhr 30 tobte die Musik wieder und ich machte mich umgehend auf den Weg zum Sicherungskasten. Dort erwartete mich ein mir unbekannter Mann, der mir mitteilte, dass es nicht fair sei, einfach den Strom abzustellen. Man solle doch bei Herrn K. klingeln und mit ihm reden, was er nun selbst für mich erledigen würde. Ich gab ihm noch den Hinweis, dass ich den nächsten Fremden, den ich mitten in der Nacht hier oben im Treppenhaus antreffe, beschleunigt die Treppe hinab befördern würde. Gegen drei Uhr wurde das nächste Mal der Strom abgestellt, die Abordnung K. (drei Personen) zog um 3 Uhr 30 zum Wieder-Anstellen des Stroms durchs Treppenhaus. Am 28. Juni kam ich mit 2 1/2 Stunden Schlaf und 30 Minuten Verspätung zur Arbeit.

Ein Auszug von Herrn K. ist aus meiner Sicht dringend und eilig geboten, um eine weitere Eskalation mit Handgreiflichkeiten und Polizeieinsätzen zu vermeiden.

Zur Erklärung möchte ich anmerken, dass ich nur noch unter der Woche anwesend bin und die Wochenenden bei meiner Partnerin in Inzlingen verbringe. Ein gemeinsames Wochenende in meiner Wohnung kann ich meiner Partnerin leider nicht mehr anbieten.

Thomas K.
Lörrach, den 29. Juni 2007.